Das Fediverse, Meta und Threads

Das Fediverse wächst. Beflügelt von den Problemen bei Twitter und Reddit trauen sich immer mehr Nutzer nun auch auf alternative Plattformen. Besonders Mastodon, Lemmy und KBin haben in der letzten Zeit einen explosionsartigen Anstieg von Nutzern erlebt. Dies lief natürlich nicht ohne Probleme ab, aber es zeigt zumindest, dass es vielleicht doch einen Weg gibt, den großen Firmen nicht alle Daten in den Rachen zu schmeißen.

Die vielen Zweige des Fediverse

Mit dem ActivityPub-Protokoll als Kleber zwischen allen Fediverse-Projekten sollte nun auch die Silobildung endlich beendet werden. Jeder kann mit jedem sprechen: Mastodon mit Pixelfed, Pleroma mit Peertube, Lemmy mit KBin. Die Grenzen zwischen den Projekten verschwimmen, auch wenn manchmal Content von einer Software in der Oberfläche einer anderen keinen Sinn macht. Doch hier beginnt das Problem.

Meta Threads

Denn auch bei den großen Konzernen stehen die Mühlen nicht still, auch wenn es manchmal so scheinen mag. So hat Meta (ehemals Facebook) sich entschieden, auch ein Teil der Fediverse-Revolution zu sein. Mit einem neuen Projekt, das nun den Namen Threads erhalten hat, will man sich an das Fediverse anbinden. Es soll wohl eine Art von Microblogging-Plattform wie Twitter oder Mastodon werden. Die Ankündigungen und Leaks wurden im Fediverse natürlich mit größter Vorfreude und Anerkennung aufgenommen. NICHT!

Viele der Kritiker sahen sich an die von Microsoft geprägte Strategie “Embrace, Extend, Extinguish” erinnert. Dabei geht es darum, ein Projekt zuerst mit offenen Armen aufzunehmen um Nutzer anzuziehen, dann mit proprietären Erweiterungen auszustatten, die nicht mit dem Ursprünglichen kompatibel sind, und damit dann den Wettbewerber langsam aus dem Markt zu drängen, bis er ausgelöscht ist. Es ist nicht schwer zu sehen, wie Meta solch eine Strategie gegenüber dem Fediverse nutzen könnte.

Aber die Kritiker gehen auch weiter. Wie wir alle spätestens nach dem Cambridge Analytica Skandal wissen, gibt es bei Meta erhebliche Probleme mit dem Datenschutz. Hinzu kommt, dass ihr primäres Geschäftsmodell darin besteht detaillierte Nutzerprofile zu erstellen und zu kapitalisieren. Und hier wird die Stärke des Fediverse zu einer möglichen Schwäche.

Föderation nicht nur bei Star Trek

Das Problem lässt sich am einfachsten mit einem kleinen Exkurs zum Thema ActivityPub verstehen. Wie bereits am Anfang erwähnt, ist es das Protokoll was die Kommunikation zwischen den ganzen Fediverse Projekten ermöglicht. Sobald beispielweise eine Mastodon instanz wie mastodon.social ijre Nutzern erlaubt den Nutzern von anderen Instanzen zu folgen sowie umgekehrt, dann gilt dieser Server als föderiert. Dies gilt genau so für Gruppen, Communities, Magazines oder andere “Dinge” denen man folgen kann. Sobald nun ein Nutzer auf Instanz A einem Nutzer auf Instanz B folgt, werden alle öffentlichen Updates des Nutzers auf Instanz B an Instanz A geschickt und auf Instanz A gespeichert.

Der aufmerksame Leser mag nun hier das Problem entdeckt haben. Wenn ein Threads-Nutzer jetzt einem Nutzer auf einer Fediverse Instanz folgt, landen unweigerlich Daten von Fediverse-Nutzern auf Meta-Servern. Dies kann eingeschränkt werden, indem eine Instanz sich von Threads deföderiert, also die Kommunikation der Instanz mit Threads unterbindet. Viele Betreiber von Instanzen haben diesen Schritt auch schon angekündigt, während andere erst noch abwarten wollen. Die Meinungen sind auf jeden Fall gespalten.

Alleine meine Bits!

Ich bin selbst nun auch nicht der allergrößte Fan von Meta und dem Rest aber ich muss sagen, dass ich die Panik als etwas fehlgerichtet ansehe. Ich bin natürlich auch nicht begeistert, dass meine Daten zu den großen Konzernen fließen, aber ich habe mich auch dazu entschieden diese Daten zu veröffentlichen. Eine Analogie dazu wäre sich auf einen Marktplatz zu stellen, um die eigene Meinung in die Welt zu schreien und sich dann zu ärgern, wenn jemand dies mitschreibt.

Das Konzept hat sich auch nicht verändert zu Facebook, Twitter & Co. Die Daten sind dort zwar in ihren eigenen Silos aber auch dort werden Daten an Werbepartner und Analysefirmen weitergeschickt, von öffentlichen Seiten abgegrast und anderweitig verarbeitet. Im Fediverse ist es nur offensichtlicher, dass die Daten weiter geschickt werden. Und das ist keine Kritik am Fediverse. Das ist das Kernprinzip des Fediverse.

Social Private Media

Was ist nun die Lösung für das Problem. Meine Antwort: Es gibt keine. Zumindest nicht so wie viele das gerne hätten. Wir haben als Gesellschaft vergessen, dass es nicht immer gut ist sich auf den Marktplatz zu stellen und loszuschreien. Wir haben angefangen Unbekannten unsere Babyfotos zu zeigen, unseren Aufenthaltsort zu mitzuteilen, und unser innerstes preiszugeben. Alles, ohne uns wirklich klarzumachen, was die Implikationen davon sind. Teilweise waren sie uns verschleiert, teilweise haben wir sie ignoriert.

Die Probleme des Fediverse sind, genauso wie die Lösung, nicht neu. Wir müssen weniger über uns Preisgeben. Wir müssen uns bewusst sein, dass ein versendeter Toot genauso wie ein Instagram Post nach dem Absenden mehr in unserer Hand ist. Sie können verarbeitet, korreliert und zu einem persönlichen Profil gemacht werden. Dazu braucht es nicht einmal Threads von Meta. Das öffentliche Teilen von Daten ist inkompatibel mit einem Verlangen nach Kontrolle.

Wir können versuchen die Rechte der Nutzer durch Gesetze zu stärken und die Verarbeitung von Daten schwerer zu machen, aber letztendlich bleibt auch ohne große böse Firmen eines gleich:

Social Media ist nicht Private Media